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Gefundene Begriffe

Testierfähigkeit

Was bedeutet Testierfähigkeit?

Vom Erblasser benachteiligte Familienmitglieder, die ein Testament nicht akzeptieren wollen, stellen nach dem Erbfall immer wieder die Behauptung auf, dass „das Testament unwirksam ist, weil der Erblasser testierunfähig gewesen sei“. Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, weist daraufhin, dass der Nachweis einer Geschäftsunfähigkeit schwer zu führen ist. Bloße Behauptungen „ins Baue hinein“ werden von den Gerichten nicht weiter verfolgt.

Folgende Fallgruppen können nach der Rechtsprechung zu einer Testierunfähigkeit führen:

  • Arteriosklerose
  • Degenerative Demenz (Demenz vom Alzheimertyp)
  • Senile Demenz
  • Demenz bei Parkinson-Syndrom
  • Muskuläre Demenz
  • Depressionen mit manischen Vorstellungen
  • Paranoide Wahnvorstellungen
  • Psychotische Wahnvorstellungen
  • Hirnorganische Syndrome
  • Manisch-depressives Irresein
  • Schizophrene Psychosen

Im Einzelfall müssen diese Krankheitsbilder aber in enger Abstimmung zwischen einem Fachanwalt für Erbrecht und einem Neurologen ermittelt werden.

Folgende Krankheitsbilder führen nach der Rechtsprechung nicht ohne weiteres zur Annahme der Testierunfähigkeit; stets müssen hier noch weitere Umstände hinzukommen:

  • Epilepsie
  • Paranoid-halluzinatorisches Syndrom mit Wahnvorstellungen
  • Verwahrlosungstendenzen
  • Psychopathie
  • Alkohol- oder Rauschgiftabhängigkeit, es sei den, es wurde im Rauschzustand testiert
  • Alkoholbedingtes delirantes Syndrom
  • Querulatorische Veranlagung
  • Abnormes Persönlichkeitsbild
  • Auch eine zeitnahe, nach der Testamentserrichtung erfolgte Selbsttötung des Erblassers lässt noch nicht den Rückschluss auf seine Testierunfähigkeit zu.

Lichte Augenblicke

Sogenannte lichte Augenblicke, also Momente, bei denen ein grundsätzlich Testierunfähiger kurzzeitig bei der Testamentserrichtung testierfähig ist, sind denkbar, aber schwer nachweisbar.

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, rät, ausreichende Beweismittel für die Testierfähigkeit des Erblassers sicherzustellen, für den Fall, dass nach Eintritt des Erbfalls auch nur geringste Zweifel von dritter Seite (z.B. von benachteiligten Angehörigen) geäußert werden könnten. Die Einholung eines schlichten ärztlichen Attestes durch den Allgemeinarzt genügt hierfür nicht. Vielmehr sollte die zeit- und kostenintensive fachärztliche Untersuchung durch einen Neurologen mit entsprechender Dokumentation in einem ausführlichen Gutachten vorgenommen werden. Die Begutachtung muss zeitnah zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung erfolgen. Aussagen aus dem sozialen Umfeld des Erblassers (z.B. Angehörige, Pflegepersonal, Freunde) können zwar ergänzend hierzu eingeholt werden, genügen aber für sich alleine nicht, um nach dem Erbfall sicher den Nachweis der Testierfähigkeit führen zu können.