Haftung des Testamentsvollstreckers & Schadensersatzansprüche für Erben
Nicht immer läuft eine Testamentsvollstreckung reibungslos ab. Oftmals kritisieren Erben die Handlungsweisen des Testamentsvollstreckers. In einigen Fällen geschieht dies unbegründet, in manchen Fällen jedoch leider auch begründet. Wenn die Erben durch die Handlungsweisen des Testamentsvollstreckers dann auch noch einen Schaden erleiden, fragen sich diese oftmals, ob sie nicht Haftungsansprüche gegen den Testamentsvollstrecker geltend machen können.
Das Wichtigste in 30 Sekunden
- Verletzt ein Testamentsvollstrecker seine Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig, haftet er für den angerichteten Schaden.
- Einzelheiten zur Haftung des Testamentsvollstreckers sind in § 2219 I BGB geregelt.
- Damit ein Testamentsvollstrecker für einen entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann, muss dessen Schuld nachgewiesen werden.
- Der Testamentsvollstrecker haftet gegenüber Erben (auch Vor- und Nacherben) und gegenüber Vermächtnisnehmern, nicht aber gegenüber Pflichtteilsberechtigten.
- Ein Haftungsausschluss für Testamentsvollstrecker ist nicht möglich.
Häufig gestellte Fragen
- Ist die Haftung des Testamentsvollstreckers gesetzlich geregelt?
- Wann liegt eine Pflichtverletzung vor?
- Ist eine Kausalität der Pflichtverletzung hinsichtlich des Schadens notwendig?
- Genügt bereits leichte Fahrlässigkeit?
- Wer kann Anspruch auf Schadensersatz geltend machen?
- Wer muss die Pflichtverletzung nachweisen?
- Wer haftet für Pflichtverletzungen von Hilfspersonen?
- Ab welchem Zeitpunkt haftet der Testamentsvollstrecker?
- Kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker von einer Haftung befreien? (Haftungsausschluss)
1. Ist die Haftung des Testamentsvollstreckers gesetzlich geregelt?
Die Haftung des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Erben oder Vermächtnisnehmer ist geregelt in § 2219 I BGB. Sie tritt dann ein, wenn der Testamentsvollstrecker die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzt und gerade durch diese Pflichtverletzung ein Schaden für den Erben oder Vermächtnisnehmer entsteht.
2. Wann liegt eine Pflichtverletzung vor?
Bevor man definieren kann, wann eine Pflicht verletzt wurde, ist es wichtig zu wissen, welche Pflichten der Testamentsvollstrecker überhaupt hat. Diese richten sich nach den im Testament festgelegten im Einzelfall individuellen Pflichten des Testamentsvollstreckers. Zudem ist der Testamentsvollstrecker nach § 2216 I BGB dazu verpflichtet, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten. Dies ist dann der Fall, wenn er seine Aufgaben sorgfältig und gewissenhaft wahrnimmt. Angesichts des bestehenden Ermessens nimmt die Rechtsprechung allerdings vor allem bei Laien eine Pflichtverletzung nur dann an, wenn ein wirklich schwerwiegendes schädigendes Verhalten vorliegt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Testamentsvollstrecker unnötige Kosten und Aufwendungen zulasten des Nachlasses verursacht oder er einer riskanten Anlagestrategie folgt. Ebenso liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn der Testamentsvollstrecker eine überhöhte Vergütung verlangt oder seine gesetzlichen Pflichten nach den §§ 2203 ff. BGB verletzt.
Mehr zu den Aufgaben und Pflichten eines Testamentsvollstreckers
3. Ist eine Kausalität der Pflichtverletzung hinsichtlich des Schadens notwendig?
Der Schaden muss kausal durch die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers hervorgerufen worden sein. Das bedeutet, dass der Erbe oder Vermächtnisnehmer, beweisen muss, dass der Schaden bei ordnungsgemäßem Verhalten des Testamentsvollstreckers nicht entstanden wäre.
4. Genügt bereits leichte Fahrlässigkeit?
Sobald feststeht, dass der Testamentsvollstrecker eine Pflichtverletzung begangen hat, muss geprüft werden, ob ihm auch ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Dies legt die gesetzliche Regelung des § 2219 I BGB so fest. Im nächsten Schritt kommt unweigerlich die Frage auf, was Verschulden eigentlich ist. Auch hierfür gibt es eine gesetzliche Regelung in § 276 I BGB, welche Verschulden als Vorsatz und Fahrlässigkeit definiert.
Ein Verschulden geht hier relativ weit, so wird dieses bereits dann angenommen, wenn das Amt des Testamentsvollstreckers angenommen wird, obwohl dieser eindeutig nicht die nötige Erfahrung und Sachkunde mitbringt. Auf der anderen Seite ist aber auch ein Mitverschulden der Erben nach § 254 BGB möglich, wenn die Pflichtverletzung für den Erben ersichtlich ist oder dieser einer Verwaltungsmaßnahme ausdrücklich zugestimmt hat.
5. Wer kann Anspruch auf Schadensersatz geltend machen?
Auch auf diese Frage hält § 2219 I BGB eine Antwort bereit. Der Testamentsvollstrecker haftet gegenüber den Erben, wobei hierunter auch die Vor- und Nacherben fallen. Handelt es sich um ein Vermächtnis, haftet der Testamentsvollstrecker gem. § 2219 I BGB auch gegenüber dem Vermächtnisnehmer. Er haftet dagegen nicht gegenüber den Pflichtteilsberechtigten.
6. Wer muss die Pflichtverletzung nachweisen?
Juristen stellen sich häufig die Frage nach der Beweislast. Das hat den Grund, dass eine Haftung selbst bei Vorliegen aller Voraussetzungen so lange nicht eintritt, bis diese nachgewiesen sind. Es muss also nachgewiesen werden, dass eine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung vorliegt, die einen Schaden verursacht hat. Es gilt hierbei das Grundprinzip, dass die Darlegungs- und Beweislast für anspruchsbegründende Tatsachen immer denjenigen trifft, der sich auf sie beruft. Eine Nachweispflicht trifft folglich den Erben oder den Vermächtnisnehmer.
7. Wer haftet für Pflichtverletzungen von Hilfspersonen?
Es stellt sich die Frage, wer haften muss, wenn nicht der Testamentsvollstrecker selbst, sondern eine sogenannte Hilfsperson die Pflichtverletzung begangen hat. Eine Hilfsperson ist beispielsweise ein Rechtsanwalt oder Steuerberater, der gerade wegen seiner fachlichen Kompetenz hinzugezogen wird. Die entscheidende Frage in solch einer Konstellation ist, ob der Testamentsvollstrecker diese sogenannte Hilfsperson sorgfältig ausgewählt hat und er davon ausgehen durfte, dass diese Person die notwendige Kompetenz besitzt.
Ist dies der Fall, trifft den Testamentsvollstrecker keine Schuld. Handelt die Hilfsperson pflichtwidrig, haftet diese selbständig. Bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern dürfte in solchen Fällen die Berufshaftpflichtversicherung greifen. Wenn der Testamentsvollstrecker allerdings die Hilfsperson nicht sorgfältig ausgewählt hat, haftet er für die Pflichtverletzung der Hilfsperson gegenüber den Erben oder Vermächtnisnehmern selbst, wenn diese aufgrund der pflichtwidrigen Handlungen der Hilfsperson einen Schaden erlitten haben.
8. Ab welchem Zeitpunkt haftet der Testamentsvollstrecker?
Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt nach § 2202 I BGB offiziell erst mit der Annahmeerklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Ab diesem Zeitpunkt besteht somit eine Haftung in jedem Fall. Jedoch müssen nach einem Todesfall viele Dinge oft kurzfristig erledigt werden. Aus diesem Grund ist für die Zeit zwischen Todesfall und Annahmeerklärung die Norm des § 2219 I BGB analog anwendbar. Eine Haftung besteht somit bereits ab dem Zeitpunkt, ab dem der Testamentsvollstrecker tatsächlich tätig wird.
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9. Kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker von einer Haftung befreien? (Haftungsausschluss)
Viele Testierende stellen sich die Frage, ob sie im Rahmen der Testamentserstellung den gewählten Testamentsvollstrecker von einer möglichen Haftung befreien können. Oft besteht der Wunsch, den Testamentsvollstrecker in gewisser Weise zu schützen. Doch auch hier gibt das Gesetz eindeutige Regelungen vor. Nach § 2220 BGB kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker ausdrücklich nicht von seinen Verpflichtungen befreien. Folgerichtig ist auch eine Befreiung von einer diesbezüglichen Haftung nicht möglich.
Weitere FAQs zum Thema:
Können Erben auf den gesetzlichen Schutz verzichten? (Haftungsausschluss)
An dieser Stelle stellt sich weniger die Frage, ob der Verzicht auf den gesetzlichen Schutz des § 2219 I BGB möglich ist. Dies ist nämlich theoretisch möglich, wenn die Erben gemeinschaftlich verzichten. Vielmehr stellt sich die Frage, ob ein solcher Verzicht überhaupt sinnvoll ist. Diese Frage ist eindeutig mit „nein“ zu beantworten, denn andernfalls würde jegliche Kontrolle über die Handlungen des Testamentsvollstreckers verloren gehen. Der Testamentsvollstrecker hätte in seinen Ausführungen absolut freie Hand.
Wann verjähren Schadensersatzansprüche der Erben?
Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker verjähren nach den §§ 199 I, 195 BGB innerhalb von drei Jahren, nachdem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
Gibt es eine Haftung in steuerlicher Hinsicht?
In steuerlicher Hinsicht kommt eine Haftung nach § 69 AO in Betracht, wenn der Testamentsvollstrecker steuerliche Pflichten verletzt.
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Wenn ein Testamentsvollstrecker seinen Pflichten nur unzureichend nachkommt oder grob fahrlässig handelt und den Erben dadurch finanzielle Nachteile entstehen, ist das in besonderem Maße ärgerlich. Als Erbe ist es dann ihr gutes Recht, Ihre Schadenersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker geltend zu machen. Hierbei sollten Sie auf erfahrene Hilfe nicht verzichten.
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