Erbauseinandersetzung - Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
Nur selten erbt eine Person allein, sehr häufig erben mehrere Personen. Sie bilden eine Erbengemeinschaft. Deren Aufgabe ist es, den Nachlass zu verwalten, Verbindlichkeiten des Verstorbenen zu begleichen und den Nachlass entsprechend der gesetzlichen Erbfolge oder – bei Existenz eines Testaments - nach Vorgaben des Erblassers zu teilen. Nach Erledigung sämtlicher Aufgaben ist das Ziel der Erbauseinandersetzung erreicht: die Auflösung der Erbengemeinschaft.
Erbauseinandersetzung - Das Wichtigste in Kürze
- Erbauseinandersetzung bedeutet Auflösung der Erbengemeinschaft durch Teilung.
- Jeder Miterbe kann jederzeit die Auflösung der Erbengemeinschaft verlangen.
- Schwere Konflikte in Erbengemeinschaften im Rahmen der Nachlassteilung sind keine Seltenheit.
- Kompromisse sind sinnvoll, können aber von einzelnen Erben blockiert werden.
- Eine Teilungsversteigerung kann mit einem großen Verlust an Vermögen verbunden sein.
- Eine Erbauseinandersetzungsklage ist aus guten Gründen nur das letzte verfügbare Mittel.
Häufig gestellte Fragen
- Auflösung als Ziel der Erbengemeinschaft
- Wer ist für die Erbauseinandersetzung zuständig?
- Welche Möglichkeiten gibt es zur Teilung des Nachlasses?
- Was ist eine Erbauseinandersetzungsklage?
- Was kostet eine Erbauseinandersetzung?
- Nehmen Sie bei der Erbauseinandersetzung professionelle Hilfe in Anspruch
1. Auflösung als Ziel der Erbengemeinschaft
Als Ziel steht am Ende der Erbauseinandersetzung immer die Auflösung der Erbengemeinschaft. Doch bis zu diesem Ziel ist ein weiter Weg zurückzulegen. Die Nachlassverbindlichkeiten – offene Rechnungen des Verstorbenen – sind zu begleichen. Erben müssen dem Nachlassgericht das Testament (auch mehrere aufgefundene Texte) übersenden und auf Mitteilungen und Entscheidungen des Gerichts warten.
Die Verwaltung des Nachlasses kann - gerade bei Immobilien - sehr aufwändig sein. Viel Zeit kann auch die Anfertigung eines Nachlassverzeichnisses mit Bewertung aller Wertgegenstände in Anspruch nehmen. Sodann sind Pflichtteile auszuzahlen und Vermächtnisse zu erfüllen. Sobald es um die Teilung höherer Werte geht - Bargeld, Aktien, Immobilien – , treten häufig Konflikte der Miterben zu Tage. Bis das Ziel der Auflösung einer Erbengemeinschaft erreicht ist, vergehen oft mehrere Jahre, wenn einzelne Miterben vernünftige Lösungen blockieren.
2. Wer ist für die Erbauseinandersetzung zuständig?
Für die Erbauseinandersetzung sind in der Regel die Erben zuständig. Hat jedoch der Erblasser in seinem letzten Willen Testamentsvollstreckung angeordnet, darf ausschließlich der Testamentsvollstrecker die Erbauseinandersetzung – in enger Zusammenarbeit mit den Erben - vornehmen.
Expertentipp von Manfred Hacker, Fachanwalt für Erbrecht
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung in einem Testament ist ein wirksames Mittel, um Konflikte unter den Erben zu vermeiden. Der Testamentsvollstrecker hat sich an die Vorgaben des Testaments zu halten und sucht zusammen mit den Erben unter Berücksichtigung aller Wünsche und Vorschläge nach einer Gesamtlösung, die allen Beteiligten gerecht wird. Seine Tätigkeit ist in der Regel mit der Auflösung der Erbengemeinschaft beendet.
3. Welche Möglichkeiten gibt es zur Teilung des Nachlasses?
- Einvernehmliche Verteilung von Geld und Gegenständen
- Verkauf des Erbteils
- Abschichtung und Anwachsung
- Klage und Prozess
Der Erbauseinandersetzungsvertrag
Einigen sich die Miterben einvernehmlich auf eine Gesamtlösung, reicht zur Auflösung der Erbengemeinschaft ein Erbauseinandersetzungsvertrag. Dieser Vertrag muss von allen Miterben unterschrieben werden und ist dann die Basis für die Verteilung von Geld und Gegenständen. Voraussetzung für so einen Vertrag ist immer, dass die „Teilungsreife“ erreicht ist: Es muss klar sein, dass alle Verbindlichkeiten bezahlt sind. Ein notarieller Vertrag ist immer dann erforderlich, wenn zum Nachlass Immobilien (Grundstücke, Häuser, Eigentumswohnungen) zählen. Sobald jeder Miterbe seinen Erbteil erhalten hat, ist die Erbauseinandersetzung abgeschlossen.
Verkauf des Erbteils
Miterben, die ihren Erbteil sofort erhalten wollen oder der Auseinandersetzungen in der Erbengemeinschaft überdrüssig sind, können ihren Erbteil verkaufen. Die Zustimmung der anderen Erben ist nicht erforderlich. Als Käufer kommen in erster Linie Miterben, jedoch auch fremde Personen, wie z.B. Immobilienspekulanten in Frage. Allerdings haben die anderen Miterben ein zweimonatiges Vorkaufsrecht. Damit können sie verhindern, dass fremde Personen in der Erbengemeinschaft Einfluss gewinnen und die Auseinandersetzungen auf die Spitze treiben. Nach Vertragsabschluss erhält der Miterbe den im Kaufvertrag vereinbarten Gegenwert (der nicht identisch mit dem Wert des Erbteils sein muss).
Hinweis
Die Veräußerung eines Erbteils per Verkauf ist für manche Erben eine gute Möglichkeit, um sich aus langwierigen konfliktbehafteten Auseinandersetzungen zu verabschieden. Vor allem dann, wenn die Vorstellungen weit auseinander gehen und keine einvernehmliche Nachlassteilung in Sicht ist, können sich die Miterben eventuell im allseitigen Interesse auf den Verkauf (und Kauf) von Erbteilen einigen. Ein Querulant, den alle anderen Miterben loswerden wollen, hat gute Chancen, sogar überhöhte Forderungen durchzusetzen, wenn mit seinem Ausscheiden endlich die Erbauseinandersetzung beendet werden kann. Der Verkauf des Erbteils kommt insbesondere auch für Erben in Frage, die keine Zeit für die Beschäftigung mit dem Nachlass haben, aber auf ihren Erbteil nicht komplett verzichten wollen.Abschichtung und Anwachsung
Von „Abschichtung“ ist immer dann die Rede, wenn ein Miterbe gegen Zahlung einer Abfindung durch die anderen Erben auf seinen Erbteil verzichtet. Die Folge eines solchen Verzichts ist die „Anwachsung“ der anderen Erbteile. Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache. Manchmal besteht kein Interesse am Erwerb eines Erbteils, manchmal ist das Interesse riesengroß, um eine unkomplizierte Erbteilung hinzubekommen.
Teilerbauseinandersetzung
Eine Teilerbauseinandersetzung ist nur dann möglich, wenn sie im Testament angeordnet wurde oder sich alle Erben einig sind, Nachlassgegenstände nach und nach untereinander aufzuteilen.
Beispiel: Serie von Teilerbauseinandersetzungen
Drei Schwestern beerben ihre zuletzt verstorbene Mutter. Sie sind sich über den Verkauf des Hauses der Mutter einig und finden auch sonst rasch und unkomplizierte Lösungen. Ihre Erbauseinandersetzung findet statt über eine Serie von Teilerbauseinandersetzungen: Bei der Auflösung des Haushalts nimmt sich jede Schwester nach Rücksprache mit den anderen Beteiligten, was sie gerne erhalten würde oder was ihre Kinder brauchen können. Das Geld, das auf einem Sparkonto angelegt ist, wird erst nach Ende der Laufzeit des Sparvertrages nach den den Erbquoten verteilt. Die Veräußerung der Immobilie folgt nach einem Jahr. Zuletzt lösen die Geschwister das Girokonto auf und verteilen das Bargeld.4. Was ist eine Erbauseinandersetzungsklage?
Mit einer Erbauseinandersetzungs- oder Teilungsklage vor dem Nachlassgericht können einzelne oder mehrere Miterben versuchen, ihren Teilungsplan für den gesamten Nachlass gegen den Widerstand eines oder mehrerer Miterben durchzusetzen.
Die Voraussetzungen für eine solche Erbauseinandersetzungsklage sind vielfältig:
- Der Erblasser darf die Teilung des Nachlasses nicht ausgeschlossen haben. Sofern er das gemacht hat, müssen alle Miterben der Aufteilung zustimmen – eine Bedingung, die oft aufgrund des Streits in der Erbengemeinschaft nicht zu erfüllen ist.
- Der Nachlass muss die Teilungsreife erreicht haben (alle Nachlassverbindlichkeiten müssen beglichen sein).
- Es muss geklärt sein, wer zum Kreis der Erben zählt.
- Es ist ein Teilungsplan vorzulegen, der alle Erben entsprechend ihrem Erbteil berücksichtigt.
- Dieser Teilungsplan muss mindestens von einem Erben abgelehnt worden sein.
- Unteilbare Gegenstände, insbesondere Immobilien, müssen per Teilungsversteigerung in eine teilbare Geldsumme verwandelt worden sein.
Erst dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Erbauseinandersetzung definitiv gescheitert ist, besteht die Möglichkeit, vor das Nachlassgericht oder bei einer Erbmasse von mehr als 5000 Euro vor das Landgericht zu ziehen und per Klage die Zustimmung aller Miterben zu dem abgelehnten Teilungsplan zu erzwingen.
Eine Teilungsklage ist mit hohen Risiken behaftet. Der oder die Kläger müssen – bei hohem Wert der Erbschaft – beträchtliche Anwalts- und Gerichtskosten vorstrecken, häufig auch Kosten, die durch Sachverständigengutachten verursacht werden. Das Verfahren zieht sich oft über Jahre hin – viel Zeit, in der nichts weitergeht und die Miterben zermürbt werden. Das Gericht kann die Klage nur annehmen oder abweisen, es unterbreitet keine eigenen Teilungsvorschläge. In manchen Fällen muss das Gericht die Klage aufgrund eines geringfügigen Formfehlers abweisen. Scheitert die Klage, bleibt der Kläger auf den Kosten sitzen. Aus all diesen Gründen sind Erbauseinandersetzungsklagen möglichst zu vermeiden.
Expertentipp von Manfred Hacker, Fachanwalt für Erbrecht in München:
Eine Erbauseinandersetzungsklage zählt zu den juristisch anspruchsvollsten Klagen überhaupt. Sie sollte immer nur als „ultima ratio“ (letztes, äußerstes Mittel) zum Einsatz kommen, wenn überhaupt keine andere Handlungsmöglichkeit mehr zur Verfügung steht. Ein erfahrener Fachanwalt für Erbrecht informiert seine Kunden immer über die Risiken, die im jeweiligen Fall mit einer Teilungsklage verbunden sind. Entscheidet sich der Kunde dennoch für eine solche Klage, achtet der Fachanwalt bei Anfertigung der Klageschrift darauf, dass sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind und keinerlei Fehler passieren, die zur Ablehnung der Klage führen können.5. Was kostet eine Erbauseinandersetzung?
Solange sich die Miterben friedlich und konstruktiv über Briefe, Gespräche, Sitzungen, E-Mails, skype, mündliche und schriftliche Angebote, Verhandlungen mit allen oder einzelnen Miterben, gemeinsame Überlegungen und dergleichen streiten, verständigen und einigen, entstehen keine Kosten. Es ist daher im Interesse aller Miterben, wenn alle auf Vorschläge eingehen, nicht auf Maximalforderungen bestehen, Kompromisse schließen, das Beste für die gesamte Gemeinschaft suchen und darauf achten, dass alle Beteiligten zufrieden gestellt werden. Auch ein Verwandter oder Freund, der sich als Moderator zur Verfügung stellt, muss nicht unbedingt mit Geld bezahlt werden.
Sofern sich die Erbengemeinschaft mit Einverständnis aller Miterben auf einen Mediator, Schiedsrichter, Fachanwalt für Erbrecht, Testamentsvollstrecker oder eine sonstige fachkundige Person als Streitschlichter oder Diskussionsleiter verständigt, fallen Honorarkosten an, die von der ausgewählten Person als Entgelt für ihre Arbeit gefordert werden. Wenn alle Beteiligten einverstanden sind, können die Kosten vom Nachlass vor dessen Teilung abgezogen werden.
Wenn ein einzelner Miterbe nach desillusionierenden Erfahrungen in der Erbengemeinschaft einen Fachanwalt für Erbrecht aufsucht, fallen zunächst die Kosten für eine juristische Erstberatung an, ein Gespräch, in dem erste Fragen geklärt werden können. Für eine exakte Analyse des Testaments und der Gesamtsituation der Erbengemeinschaft – insbesondere bei komplexen Erbschaften mit Immobilieneigentum und Firmenanteilen - fallen weitere Beratungskosten an. Vertritt ein Fachanwalt für Erbrecht seinen Mandanten im Schriftverkehr mit den anderen Erben und bei Treffen der Miterben, kommen weitere Kosten hinzu. Alle Kosten, die entstehen, wenn ein einzelner Miterbe ohne Rücksprache mit den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft sich juristisch beraten lässt, sind von ihm selbst zu tragen. Es besteht keine Möglichkeit, diese Kosten nachträglich auf die Erbengemeinschaft abzuwälzen, es sei denn, es sind alle Miterben damit einverstanden (sehr unwahrscheinlich).
Wird ein notarieller Erbauseinandersetzungsvertrag geschlossen, übernimmt die Erbengemeinschaft die Notarkosten. Sie können vom Nachlass vor dessen Teilung abgezogen werden.
Die Kosten einer Erbauseinandersetzungsklage trägt zunächst der Kläger. Scheitert die Klage, erhält er die zunächst nur vorgeschossenen Kosten nicht zurück. Lediglich dann, wenn er die Klage gewinnt, hat der Beklagte die Kosten zu tragen.